Eurelia und der Osterhase
Der geheimnisvolle Brief
Eine Kurzgeschichte von Martina Türschmann
(als
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„Kannst du nicht endlich Ruhe geben?“, maunzte es aus dem Körbchen.
„Ich dachte, du willst ein Mittagsschläfchen halten.“
Doch anstatt zu antworten, seufzte Eurelia erneut laut auf. Heute war
einfach nicht ihr Tag. Nicht einmal ein Nickerchen bekam sie hin. Die
Müdigkeit, die sie noch vor ein paar Minuten verspürt hatte, war
verflogen. Hellwach saß sie in dem Ohrensessel, den ihre Großmutter ihr
vermacht hatte, und war bis in die letzte Haarspitze unzufrieden mit
sich selbst.
„Auch wenn du nicht mehr müde bist, könntest du etwas leiser sein“, bat
Zenturo. „Wie soll ich denn über die Welt sinnieren, wenn du die ganze
Zeit so vor dich hin grunzt.“
„Mir ist langweilig“, maulte sie daraufhin.
Dann fuchtelte sie mit den Händen in der Luft herum, so dass ihre
Armreife leise klapperten.
„Komm, lass uns was zusammen machen“, schlug sie vor, doch der Kater
machte keine Anstalten, sein Körbchen zu verlassen. Manchmal war er zu
nichts zu gebrauchen. Seine Gelassenheit würde sie noch in den Wahnsinn
treiben. Gerade war es wieder soweit.
„Du liegst den ganzen Tag nur faul rum und denkst über irgendeinen
Blödsinn nach“, versuchte sie es noch einmal. Dann warf sie einen Blick
aus dem Fenster. „Jetzt raff dich auf und lass uns spazieren gehen.
Draußen ist wunderbares Wetter, die Sonne scheint ...“, doch weiter kam
sie nicht, da Zenturo in dem Moment aufstöhnte und sie unterbrach: „Was
ist denn an innerer Ruhe so verkehrt?“, fragte er. Dann fuhr er sich
ein paar Mal mit der Zunge über das schwarze Fell. Nachdem er mit
seiner Hygiene fertig war, riss er das Maul auf, gähnte ausgiebig und
streckte sich. Schließlich machte er es sich wieder gemütlich und legte
die Vorderpfoten übereinander. Dann blinzelte er zu ihr hoch. Ihre
Blicke trafen sich.
„Ich will doch nur dein Bestes. Außerdem wirst du langsam pummelig,
wenn du dich nicht bewegst“, stichelte sie.
„Werde ich nicht“, gab er selbstgefällig zurück.
„Vielleicht lassen wir heute eine Mahlzeit aus? Es hält dich fit, wenn
du dir dein Essen selbst fangen musst“, versuchte sie, ihn weiter zu
ärgern. Eigentlich war das gar keine schlechte Idee. Dann grinste sie
breit und sah von oben auf ihn herab, aber der Kater verdrehte nur die
Augen und rollte sich zusammen. Das Gespräch schien für ihn beendet zu
sein.
Ihrer Brust entfuhr der
nächste Stöhner. Irgendwas musste sie jetzt anstellen. Sie stand auf
und begann mit einer Wanderung durch das Wohnzimmer. „Komm, Zenturo,
hoch mit dir“, quengelte sie dabei. „Wir könnten ...“, fing sie an,
aber es fiel ihr einfach nichts Spannendes ein.
Einige Male schlurfte sie jetzt vor dem Globus und dem massiven
Schreibtisch auf und ab. Mitten auf der Arbeitsfläche thronte das große
Hexenbuch, in das sie auch schon lange nicht mehr geschaut hatte. Sie
warf einen kurzen Blick darauf und entschied, dass zum Lernen nicht der
richtige Zeitpunkt war. Ohne es weiter zu beachten, schritt sie entlang
des Bücherregals zum Fenster. Dabei fuhr sie mit dem Finger über die
Buchrücken. Doch Lesen reizte sie genauso wenig. Dann betrachtete sie
sich ihren Garten. Aus der Erde lugten die ersten Krokusse und
Schneeglöckchen. Jeden Tag gewann die Sonne an Kraft. Bald würden die
letzten kleinen Inseln aus glitzerndem Schnee geschmolzen und endgültig
verschwunden sein. Sie schaute zur anderen Straßenseite. Gerade war der
Postbote dabei, den Nachbarn schräg gegenüber einen Stapel Karten in
den Briefkasten zu schmeißen. Nur an sie dachte wieder niemand, nicht
einmal an Ostern. Auch sonst trudelten bei ihr immer nur Rechnungen und
Wurfsendungen ein.
„Ostern!“, murmelte sie daraufhin und wurde traurig. In ein paar Tagen
zogen die Kinder ihrer Straße wieder los und suchten Osternester. Gab
es im Leben nichts Schöneres, als sich dem anzuschließen? Wie gerne
wäre sie dabei, aber dummerweise war sie zu alt. Selbst der Osterhase
hatte sie nicht mehr auf dem Schirm.
Immer noch unzufrieden mit
sich und der Welt kehrte sie dem Fenster den Rücken zu. Langsam
schlenderte sie zum Sessel zurück. Vielleicht konnte sie ja doch noch
ein Schläfchen halten. Was für ein blöder Tag.
Auf einmal stutzte sie, legte eine Hand auf die Kopflehne und starrte
ins Leere. Natürlich, das war es. Dann jauchzte sie auf und warf dem
Kater einen triumphierenden Blick zu. Misstrauisch schielte er zu ihr
hoch.
„Ich weiß, was wir machen. Wir werden am Ostersonntag auch Eier suchen
gehen.“
„Klar. Tolle Idee. Wie willst du das denn anstellen?“, fragte er
trocken. „Hast du vergessen dass du schon viel zu viele Jahre auf dem
Buckel hast, um vom Osterhasen beschenkt zu werden? Nur den Kindern
versteckt er Nester.“
Eurelia rollte mit den Augen. „Was bist du doch für ein einfallsloser
Langweiler. Wir färben sie uns einfach selbst. Dann basteln wir kleine
Gebinde, in die wir sie hineinlegen, und verstecken sie. Wichtig dabei:
Wir suchen uns schwer zu findende Plätze aus, damit wir am Ostersonntag
möglichst lange beschäftigt sind“, betonte sie mit Nachdruck.
„Ja, natürlich, das machen wir“, spottete er daraufhin. „Dir ist schon
klar, dass das Suchen nur Sinn ergibt, wenn du die Verstecke nicht
kennst?“
„Spaßbremse“, knurrte sie. „Ist es im Bereich deiner Vorstellungskraft,
dass du mir die Eier versteckst und ich sie dir? Komm schon.
Zentuuuurooo. Bitte, bitte, bitte!“
Mit ihrem Pantoffel versetzte sie nun dem Körbchen einen Stoß, doch der
Kater blieb liegen und schien gänzlich unbeeindruckt zu sein. Jetzt
streckte er sich und gähnte erneut. Dann zeigte er ihr kurz seine
Krallen und rollte sich gleich darauf wieder zusammen.
„Was bist du doch für ein nichtsnutziger Faulpelz“, versuchte sie es
noch einmal, aber es war zwecklos. Sie schnaubte. „Mach doch, was du
willst. Das einzige, was du brauchst, ist ein bequemes Körbchen, genug
zu fressen und von Zeit zu Zeit meine Kraulehand. Aber nur das du es
weißt: Mit der Kraulerei ist fürs erste Schluss. Ich hab jetzt besseres
zu tun.“ Ohne eine Reaktion abzuwarten, machte sie sich auf den Weg in
die Küche. Zuerst würde sie ein paar Eier färben und das alleine
bereitete ihr schon Freude. Im Kühlschrank hatte sie gestern noch
welche gesehen.
In dem Moment ertönte ein
Klingeln an der Tür. Das konnte nur eins bedeuten. „Ich habe auch Post
bekommen?“, fragte sie erstaunt. Dann eilte sie durch den Flur.
Frische Luft strömte ins Haus, als sie öffnete. Gerade sah sie den
Briefträger noch um die Ecke verschwinden. Ihr Briefkasten hing an
einem großen Apfelbaum auf halbem Wege zum Gartentürchen. Sie kicherte
in sich hinein, denn sie wusste, dass sich der Postbote jedes Mal ein
wenig darüber ärgerte, dass sie den Kasten nicht direkt am Gartenzaun
angebracht hatte. Doch dieses Mal hatte er sich die Mühe gemacht und
ihr ein großes Paket vor die Tür gelegt. Sie schob ihre Unterlippe nach
vorne und nahm sich vor, in Zukunft etwas netter zu ihm zu sein.
„Wer schickt dir denn sowas? Was kann da drin sein?“, maunzte es zu
ihren Füßen. Neugierig war er dann doch, dieser Kater!
Verwundert betrachtete sie den braunen Einband. Nie zuvor hatte sie so
ein großes Paket bekommen. Gespannt wie ein Fliegenpilz kurz vor der
Ernte bückte sie sich nun und versuchte, einen Absender zu entdecken,
doch sie fand keinen. Auch kein Poststempel verriet ihr, wo es
aufgegeben worden war. Nur ihr Name war in dicken schwarzen Buchstaben
groß obenauf geschrieben – und: <Es
eilt!>
„Vielleicht ist es von Esmeralda“, vermutete sie, verwarf den Gedanken
aber sofort wieder. Zu ihrer Kusine pflegte sie keinen Kontakt. Was
eigentlich schade war. Ein halbes Jahrhundert hatten sie sich jetzt
schon nicht mehr gesehen. Wie es ihr wohl ging? Doch darüber konnte sie
später grübeln. Erst wollte sie wissen, was sich in dem Paket befand.
Sie erhob sich wieder, streckte die Hand aus und hielt nun ihre langen
Finger gekrümmt über dem Einband. Dann schaute sie sich vorsichtig nach
allen Seiten um und überzeugte sich davon, dass sie nicht beobachtet
wurde. Gleich darauf murmelte sie: „Bei allen staubigen Spinnenweben,
komm jetzt mit und versuch, zu schweben.“
Langsam hob das Paket vom Boden ab und folgte ihr dicht unter der Hand
durch den Flur in die Küche. Behutsam hob sie den Arm und setzte es auf
dem Küchentisch ab. Erneut betrachtete sie es von allen Seiten. Wer
hatte ihr das bloß geschickt?
Gespannt riss sie das Papier herunter. Zum Vorschein kam eine
strapazierfähige Holzkiste, auf der zuoberst ein roter Umschlag lag.
Mit gerunzelter Stirn nahm sie ihn in die Hand und starrte kurz darauf.
Dann ritzte sie ihn mit einem ihrer langen Fingernägel auf, zog ein
Blatt Papier hervor und las:
Liebe
Eurelia,
ich brauche dringend deine
Hilfe. Mitten in der heißen Färbephase habe ich mir eine Hasengrippe
eingefangen und liege im Bett. Unterstütze mich bitte und färbe die
Eier, die ich dir mit dieser Holzkiste schicke. Am
Ostersonntag verstecke ich sie dann für die Kinder deiner Straße.
Deiner Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Vielen Dank
Dein Osterhase
Entgeistert starrte sie auf die krakeligen Zeilen und las den Brief ein
zweites Mal durch.
„Stell dir das mal vor, Zenturo“, murmelte sie schließlich. „Der
Osterhase braucht meine Hilfe.“ Langsam ließ sie den Brief sinken.
In dem Moment strich der Kater an ihrem Bein vorbei und hüpfte mit
einem eleganten Satz auf die Ofenbank, von wo aus er einen besseren
Blick auf die Kiste hatte. „Ostersonntag ist schon in drei Tagen. Da
wirst du dich ganz schön ins Zeug legen müssen“, maunzte er und schaute
ihr dabei zu, wie sie die Kiste öffnete, ein Ei nach dem anderen
herausnahm und vorsichtig auf dem Küchentisch aufreihte. Die leere
Kiste wanderte gleich darauf auf den Boden. Er legte den Kopf schief.
Dann näherte sich seine Pfote langsam einem Ei und stupste es an.
„Lass das“, brummte sie und rettete das rollende Ei, indem sie es kurz
mit den Fingern festhielt. „Und was heißt hier: nur bis Ostersonntag“,
beschwerte sie sich. „Das sind noch ganze drei Tage, also ein Klacks
für eine so gute Hexe wie mich. Du wirst schon sehen. Pass auf.“ Gleich
darauf kniff sie die Augen zusammen und konzentrierte sich. „Eierpansch
und Regenbogen, dass ich’s nicht kann, ist glatt gelogen!“ Dabei hielt
sie eine Hand über einen Teil der Eier.
Es puffte leise und bunter Rauch stieg auf. Kurze Zeit später war ein
halbes Dutzend in allen Regenbogenfarben gefärbt.
„Na? Was sagste jetzt?“, triumphierte sie und warf ihm einen
herablassenden Blick zu.
„Nicht schlecht“, schnurrte er anerkennend, fuhr aber spöttisch fort:
„Du musst die Eier nur zuerst kochen. Erst dann kannst du sie färben.“
Dabei stupste er erneut eins mit der Kralle an.
„Papperlapapp, das habe ich schon immer so gemacht. Und jetzt ... hör
endlich auf damit“, fauchte sie und rettete das weiße Ei, das der
Tischkante gefährlich nahe gekommen war.
Mit großen Augen sah er zu ihr auf und maunzte: „Du hast doch noch nie
in deinem Leben Ostereier gefärbt.“
„Ach, was du nicht sagst“, entgegnete sie. „Krümelkacker mag man nicht.
Schon vergessen?“ Dann warf sie ihrem Kater einen langen trotzigen
Blick zu. Der zuckte nur mit den Barthaaren, sprang auf den Boden und
zog majestätisch von dannen.
„Gut, mach dich vom Acker, ist auch besser so“, brummte sie, sah ihm
hinterher und wartete, bis er den Raum verlassen hatte.
Endlich war sie ungestört und konnte sich der bevorstehenden Aufgabe
widmen. Tief atmete sie durch und schloss die Augen. Langsam hob sie
ihre Hände über die aufgereihten Eier. In leisem Singsang murmelte sie
nun eine Zauberformel nach der anderen. Bald blitzte und puffte,
zischte und qualmte es in der kleinen Küche.
Als sie fertig war, konnte sie
vor lauter Rauch kaum noch was sehen. Fast blind tastete sie sich zum
Fenster und öffnete es. Die frische Luft tat ihr gut. Langsam verzog
sich der Qualm. Dass es auch immer so nach Schwefel stinken musste,
wenn sie loslegte.
Einen Moment wartete sie noch, bevor sie es wieder schloss. Dann drehte
sie sich um und nahm ihr Werk in Augenschein. Ihr Herz hüpfte vor
Glück. Auf dem Tisch lagen die schönsten Ostereier, die sie je zu
Gesicht bekommen hatte.
Neben den bereits Gefärbten befanden sich Exemplare, die in einem
zauberhaften Licht erstrahlten. Ein goldener Schimmer umgab sie. Eins
davon nahm sie nun in die Hand und hielt es in die Höhe. Es sah so aus,
als würde es von innen heraus leuchten. Lächelnd legte sie es zurück.
Dann wandte sie sich den nächsten Eiern zu, die in regelmäßigen
Abständen ihre Farbe wechselten. Blaue Eier wurden rot und gleich
darauf wieder blau, violette änderten ihre Tönung hin zu Orange und
grüne wurden gelb. Am besten gefielen ihr jedoch die bunten Eier in der
Mitte des Tisches, um deren Schale ein kleines Küken zu laufen schien.
Als ihr Blick zuletzt auf eine Gruppe fiel, die ihre ganze Form
verändern konnte, lachte sie laut auf. Das hatte sie gar nicht
beabsichtigt. Irgendwas musste beim Hexen schief gegangen sein. Was der
Osterhase wohl dazu sagen würde, dass ovale Eier rund und gleich darauf
quadratisch wurden? Und das auch noch im Wechsel?
Eine Welle der Zufriedenheit durchströmte sie, als sie sich an diesem
Abend in der Küche auf die Ofenbank legte, um zu schlafen. Bevor sie
jedoch müde in ihre bunten Kissen sank, vergewisserte sie sich, dass
die Tür verschlossen war. Man konnte nie wissen, was dem Kater für ein
Blödsinn einfallen würde. Im Kamin prasselte ein Feuer. Es war warm und
gemütlich. Bald schlief sie tief und fest. Nicht einmal der Schnellzug
nach Altenkirchen, der jedes Mal einen schrillen Pfiff ausstieß, wenn
er an ihrem Häuschen vorbei rumpelte, unterbrach ihr gleichmäßiges
Schnarchen.
Am nächsten Morgen wurde sie
von seltsamen Geräuschen geweckt. Sie gähnte laut und ärgerte sich
darüber. Nach der anstrengenden Arbeit des gestrigen Tages hätte sie
gerne noch geschlafen. Doch irgendwas war anders als sonst. Das spürte
sie mit jeder Faser ihres Körpers. Müde rieb sie sich die Augen und
streckte sich. Dann hob sie den Kopf und warf einen prüfenden Blick
durch die Küche. Gleich darauf hielt sie die Luft an und fiel wieder in
die Kissen zurück. Sie kniff die Augen zusammen und zählte langsam bis
zehn. Doch als sie erneut hinsah, war alles wie zuvor. Sie träumte
nicht, sie war hellwach. Wie sollte sie das dem Osterhasen erklären?
Die Eier auf dem Tisch waren alle verschwunden.
Den Tränen nahe kam Eurelia in
die Höhe, schwang die Füße über die Kante ihrer Ofenbank und setzte
sich auf. Vor ihr tummelten sich frisch geschlüpfte Küken. Zwischen
aufgebrochenen Eierschalen saßen sie wild durcheinander und fiepten
leise. Auch unter dem Tisch und in der Kiste waren welche. Überall
hatten sie sich verteilt. Doch das Merkwürdige an ihnen war ihr
Gefieder. Direkt vor ihrer Nase saß ein Dunkelblaues. Das daneben
wechselte in dem Moment die Farbe von Grün zu Orange. Gleich darauf
erhaschte ihr Blick eins, das von einem goldenen Schimmer umgeben war.
Es sah so aus, als ob es von innen heraus leuchtete. Ihre Augen suchten
weiter. Am anderen Ende des Tisches saßen welche, um die der Schatten
eines kleinen Schwesterchens herumlief. Doch damit nicht genug, denn
die angrenzenden Küken plusterten sich gerade auf und nahmen eine runde
Form an. Dann wurden sie quadratisch, bis sie wieder normal aussahen.
Ihr Blick wanderte ins Leere.
Was hatte sie bloß angerichtet. An den Spott ihres Katers mochte sie
erst gar nicht denken. Langsam legte sie sich wieder hin, zog die Decke
über den Kopf und wünschte sich ganz, ganz weit weg, am besten auf
einen anderen Stern.
Der Ostersonntag kam. Ein Kind nach dem anderen lief aus dem Haus,
manche Eltern mit Fotoapparat im Schlepptau. Letzte Nacht hatte der
Osterhase wohl trotz seiner Grippe eine Sondereierfärbeschicht
eingelegt. Eurelia verzog sich in ihren Ohrensessel und schämte sich.
Dabei fixierte sie mit starrem Blick einen Punkt über dem Globus
und bemühte sich, das Gejauchze der ausgelassenen Schar auszublenden.
Zenturo schaute aus dem Fenster, kehrte ihr den Rücken zu und hatte
dagegen seine wahre Freude. Mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht
drehte er sich jetzt zu ihr um. „Was hältst du denn davon, wenn wir
spazieren gehen und schauen, was die Kinder so alles in den Nestern
haben?“, schlug er vor. Gleich darauf gackerte er laut los und wandte
sich wieder dem bunten Treiben zu.
Na Hauptsache, der Kater
hat Spaß, dachte sie und betitelte ihn mit: „Blödian!“ Dann warf
sie ihm einen wütenden Blick zu.
In dem Moment klingelte es am
Eingang. Wer war das denn? Missmutig erhob sie sich und schlurfte durch
den Flur zur Tür. Sie öffnete und sah zu ihrem Erstaunen einen roten
Briefumschlag und einen bunten Blumenstrauß auf der Fußmatte liegen.
Schnell bückte sie sich, nahm das Kuvert und riss es auf. Es war ein
Brief vom Osterhasen, den er nach getaner Arbeit selbst vor die Tür
gelegt haben musste. Zu ihrer großen Freude lauteten die letzten Zeilen:
...
Eurelia, du bist so genial. Anstatt zu färben, hast du mir für nächstes
Jahr Hühner gezaubert, die bunte Eier legen.
Tausend Dank
Mit
dem Brief in der Hand eilte sie ein paar Schritte in den Garten und
schaute sich suchend um. Doch vom Osterhasen war weit und breit nichts
mehr zu sehen.